Verleitung zur Unruhe

Verleitung zur Unruhe

Das neue Buch von Bernhard Heinzlmaier: Verleitung zur Unruhe. Zur Hölle mit den Optimisten, Salzburg: Ecowin, 2015

Verleitung zur Unruhe − mehr über das Buch:

Einer ganzen Generation stummer Beobachter ist der Rebellionsgeist abhandengekommen. So lernt schon der kleinste Fratz im Kindergarten, dass es sich besser anzupassen gilt. Abweichungen von der Norm sind nicht gefragt. Da scheint es taktisch klüger, keine Überzeugung zu besitzen. Anpassung aus Kalkül. Dabei reizt doch gerade das Anderssein und weckt die Abenteuerlust in uns. Bernhard Heinzlmaier stellt die Angepasstheit der Generation cool in Frage und setzt dieser Agonie seine ganz persönlichen Taktiken entgegen. Mit diebischer Freude verweist er auf die kleinen subversiven Strategien, die uns eine Flucht vor dem steigenden Kontroll- und Steuerungsverlangen der Außenwelt ermöglichen. Der Kreativität sind dabei keine Grenzen gesetzt. Denn es gilt sie selbst zu entdecken, die ganz eigenen Lebenswelten persönlicher Freiheit.

 

Performer, Styler, Egoisten

Performer, Styler, Egoisten

Rezension:

Rezension von Klaus Posch, in: Soziales Kapital. Wissenschaftliches Journal Österreichischer Fachhochschul-Studiengänge Soziale Arbeit, Nr. 11/2014:

Weitere Infos zum Buch:

 

 

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Der Neoliberalismus ist ein Gas (Deleuze). Einem Gas kann man kaum Grenzen setzen. Aus der Ökonomie kommend strömt es ungehindert in alle Diskurse und Lebenswelten ein. Ökonomische Imperative greifen auf alle Sphären der Gesellschaft über – auf Schule, Familie, Gesundheitswesen, Kultur, Bildung usw. Die Gesellschaft ist zum Anhängsel des Marktes geworden.

Wir treffen heute auf ein Phänomen, das in den Sozialwissenschaften als Werteverschiebung vom Postmaterialismus zum Neomaterialismus bezeichnet wird. Der Neomaterialismus steht für eine Grundhaltung, die postmaterielle Werte der ‘68er Generation wie Solidarität, Toleranz, idealistische Selbstverwirklichung und die Kritik an gesellschaftlicher Ungerechtigkeit und Unterdrückung durch ein neomaterialistisches Wertesetting ersetzt, in dem die beherrschenden Werte Sicherheit, Konsum, sozialer Aufstieg, Nutzenorientierung und Affirmation der gesellschaftlichen Verhältnisse sind. Berechtigt ist nur, was sich vor dem Richterstuhl der ökonomischen Imperative bewähren kann. Was sich nicht verwerten lässt, wird exkludiert, auch wenn es sich dabei um Menschen handelt.

In verschulten und autoritär reglementierten Universitäten, in denen Bildung durch die unkritische Akkumulation von Fachwissen und dessen Abprüfung im geistlosen Multiple-Choice-Verfahren verdrängt wird, werden die Jugendlichen systematisch für die Verwendung im Markt hergerichtet. Kritische Reflexionen sind nicht mehr gefragt. Bildung als Erziehung zur Freiheit, als Persönlichkeitsbildung, als Förderung von kreativen und ästhetischen Fähigkeiten, Bildung der „Gesinnung und des Charakters“ (Humboldt) – alles längst verabschiedet und auf den Müllhaufen der Geschichte geworfen. Am Ende verlässt schön verpacktes Humankapital die bildungsökonomisch hocheffizienten Ausbildungsfabriken.

Doch die gut ausgebildeten Ungebildeten sind ängstliche Kreaturen. Mit begrenztem Horizont und engem Herz geht diese neue Elite durch die Welt, die Angst im Nacken, von anderen, ebenso „coolen“ Charakteren wie sie selbst aus dem Feld geschlagen zu werden.